Rechtsanwalt Hamburg für ärztliche Behandlungsfehler
Wann liegt ein Behandlungsfehler vor?
Wann liegt überhaupt ein Behandlungsfehler („Kunstfehler“) vor? Der Begriff Behandlungsfehler weist darauf hin, dass sich die Behandlung an dem Standard eines gewissenhaften Facharztes der betreffenden Fachrichtung messen lassen muss. Es werden zahlreiche Fallgruppen abgedeckt, die hier nicht abschließend aufgeführt werden können, unter anderem:
- Qualitätsmängel bei der Durchführung der Behandlung
- Fehler bei der therapeutischen Sicherungsaufklärung
- Fehlerhafte Aufklärung des Patienten zu Verhaltensmaßregeln, die den Therapieerfolg gefährden
- Diagnosefehler: Fehlinterpretation von erhobenen oder sonst vorliegenden Befunden
- Therapiefehler: Wahl einer nicht dem objektiven Facharztstandard geeigneten Therapie
- Nichterheben von Diagnose- und Kontrollbefunden
Ein Behandlungsfehler liegt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs also immer dann vor, wenn der Arzt / die Ärztin (oder der Heilpraktiker / die Heilpraktikerin) gegen objektive Sorgfaltsstandards verstoßen hat.
Im Bereich der Anästhesie können Behandlungsfehler zum Beispiel vorliegen bei einer mangelhaften Narkoseüberwachung während einer Krankenhausoperation. Oder bei einer mangelhaften Intubationsnarkose trotz Auftreten einer Atemstörung postoperativ. Oder bei fehlerhafter Medikation während der Extubation.
Ein Behandlungsfehler bei der therapeutischen Aufklärung kann in dem unterlassenen Hinweis auf die Dringlichkeit medizinisch gebotener Maßnahmen liegen oder bei einer unvollständigen Aufklärung über das fachgerechte Unterlegen eines Kissen bei längeren PKW-Fahrten nach einer Bandscheibenoperation.
Behandlungsfehler bei der Befunderhebung und Diagnose können vielfältig sein. Jedoch ist hierbei zu berücksichtigen, dass nicht jeder Irrtum bei der Diagnosestellung dem Arzt zum Vorwurf gemacht werden kann. Das Unterlassen der Differenzialdiagnostik bei einer akuten Nierenbeckenentzündung, die Fehlinterpretation eines Röntgenbildes oder die Verkennung eines drohenden Herzinfarktes können in diesem Zusammenhang Behandlungsfehler sein. Auch das Unterlassen angezeigter Röntgenaufnahmen oder das Unterlassen weiterer Befunderhebungen bei Vorliegen einer erstmaligen Herzsymptomatik können als Behandlungs-bzw. Diagnosefehler in Betracht kommen.
Ein Behandlungsfehler kann weiterhin in den Bereichen Hygiene, Überwachung und Organisationen gegeben sein. Beispielsweise kann das Absehen von einer Desinfektion der Haut im Bereich der Einstichstelle von Injektionen ein Behandlungsfehler sein. Generell können Infektionen wegen Nichtbeachtung von Hygieneerfordernissen in Bereichen, die vom Behandler hygienisch beherrscht werden, einen Behandlungsfehler begründen. Behandlungsfehler könne weiter gegeben sein, wenn es zu einer Vernachlässigung von Einzelkontrollen im Rahmen postoperativer Überwachung kommt.
Behandlungsfehler können desweiteren im Zusammenhang mit medizinischen Indikationen auftreten: bei der Frage, ob ein Eingriff medizinisch indiziert bzw. nicht indiziert gewesen ist. So ist die Entfernung einer Gebärmutter ohne medizinische Indikation bei Möglichkeit einer alternativen Behandlung als behandlungsfehlerhaft bewertet worden. Generell kann die Vornahme überflüssiger, medizinisch nicht indizierter Eingriffe trotz einwandfreier Ausführung zu dem Vorwurf eines Behandlungsfehlers führen. Auch die Nichtverlegung eines Notfallpatienten in ein zur Versorgung geeignetes Krankenhaus kann einen Behandlungsfehler darstellen.
Die Aufzählung ist alles andere als abschließend.
Grober Behandlungsfehler
Das Gesetz hebt die groben Behandlungsfehler in besonderer Weise hervor. Ein grober Behandlungsfehler ist gegeben, wenn der Arzt eindeutig gegen bewährte ärztliche Behandlungsregeln oder gesicherte medizinische Erkenntnisse verstoßen und einen Fehler begangen hat, der aus objektiver Sicht nicht mehr verständlich erscheint, weil er einem Arzt schlechterdings nicht unterlaufen darf.
Nach § 630h Absatz 5 BGB gilt bei groben Behandlungsfehlern folgendes:
Liegt ein grober Behandlungsfehler / Ärztefehler / Arztfehler vor und ist dieser grundsätzlich geeignet, eine Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit der tatsächlich eingetretenen Art herbeizuführen, wird vermutet, dass der Behandlungsfehler für diese Verletzung ursächlich war.
Dies gilt auch dann, wenn es der Behandelnde unterlassen hat, einen medizinisch gebotenen Befund rechtzeitig zu erheben oder zu sichern, soweit der Befund mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein Ergebnis erbracht hätte, das Anlass zu weiteren Maßnahmen gegeben hätte, und wenn das Unterlassen solcher Maßnahmen grob fehlerhaft gewesen wäre.
Kann ein grober Behandlungsfehler festgestellt werden, führt dies somit zu einer für den Patienten günstigen Umkehr der Beweislast.
Als spezialisierter Rechtsanwalt berate ich Sie in Hamburg persönlich und selbstverständlich auch deutschlandweit telefonisch.